Mein Leben als Steinmetz

Wer durch das Tor zum Steinbruch Ävja tritt, dem eröffnet sich eine Welt, die denkbar wenig mit der gängigen Auffassung von modernen Arbeitsplätzen zu tun hat. Hier scheint die Zeit vor Jahrzehnten stehengeblieben zu sein. Man wird zurückversetzt in eine Epoche, in der muskulöse Steinhauer Granitblöcke aus dem Fels sprengten und geschickte Steinmetze die Rohblöcke mit Hammer und Meißel in wunderschöne Endprodukte verwandelten. Erst wenn man hier steht und das Schauspiel der arbeitenden Steinhauer und Steinmetze beobachtet, versteht man, wie viel Handarbeit und welche Fertigkeiten vonnöten sind, bevor ein Graniterzeugnis fertiggestellt ist.

Mikael Ove Johansson ist knapp über 50 Jahre alt und arbeitet seit vielen Jahren im Steinbruch Ävja. Seine Liebe zum Werkstoff Granit entdeckte er bereits in jungen Jahren, als er als Praktikant in der Plattenlegerfirma seines Onkels mithalf – und somit quasi in dessen Fußstapfen trat. Direkt nach dem Schulabschluss begann Johansson, als Steinmetz zu arbeiten. Nach ein paar Jahren wollte er sich weiterentwickeln und widmete sich eine Zeitlang dem Verkauf von Elektronikprodukten, bevor er 2002 zum Steinhandwerk zurückkehrte.

In ganz Schweden werden Ausbildungsgänge zum Steinhauer und Steinmetz angeboten. Um sich als Steinmetz zu bewerben, sind jedoch weder Ausbildung noch Vorkenntnisse vorgeschrieben. Mikael Ove Johansson ist der Meinung, dass man hauptsächlich eine robuste Konstitution mitbringen solle, um als Steinmetz zu arbeiten; die erforderlichen Fertigkeiten schaue man sich dann von erfahrenen Kollegen ab. Die alte Redewendung „Übung macht den Meister“ bringe die Sache auf den Punkt. Dass man als Steinmetz niemals ausgelernt hat, macht den Reiz des Berufs aus. Fertigkeiten und Wissen lassen sich kontinuierlich verbessern, und ständig kommt man auf bisher unbekannte Ideen und Lösungen, während gleichzeitig neue Techniken eingeführt werden.

Die Arbeit des Steinmetzes beginnt dann, wenn der Steinhauer den Rohblock aus dem Berg gebrochen und in Stücke zerteilt hat. Zuerst studiert der Steinmetz die Zeichnung, danach richtet er den Werkstein auf die erforderliche Form zurecht. So entstehen Mauersteine, Pflastersteine, Randsteine, Fassadenplatten, Arbeitsplatten, Pfosten, Treppenstufen und Kunstwerke.

„Als Steinmetz verwaltet man gewissermaßen ein Erbe; man führt ein Stück Geschichte weiter. Was wir heute aus Stein schaffen, kann noch in mehreren Jahrhunderten vom Menschen betrachtet werden.“ Mikael Ove Johansson

Das Beste an seinem Beruf sei, dass er an der frischen Luft und körperlich arbeiten könne, findet Johansson. Die harten Arbeitsbedingungen im Winter vergesse man, sobald die Frühjahrssonne zu wärmen beginne. Ein weiterer Vorteil sei die Möglichkeit des selbstständigen Arbeitens.

Auf die Frage nach den Herausforderungen meint Johansson, dass man vorausschauend arbeiten müsse, um körperlichen Verschleiß zu vermeiden. Zum Beispiel kann es ratsam sein, unerwünschte Bestandteile herauszuspalten, um die nachfolgende Handarbeit auf ein Minimum zu reduzieren. Arbeitsbedingte Gesundheitsschäden sind für viele Steinmetze an der Tagesordnung, da vor allem Nacken und Schultern starken Belastungen ausgesetzt werden und auch die Hände durch die Vibrationseinwirkung der pneumatischen Werkzeuge Schaden nehmen können. Dank neuer, schwingungsarmer Werkzeuge, dem Einsatz von Maschinen bei Arbeitsschritten, die früher von Hand ausgeführt werden mussten und den Körper stark belasteten, sowie der Einführung rotierender Arbeitsteilung ist es Johansson zufolge heute aber durchaus möglich, ein ganzes Leben lang als Steinmetz zu arbeiten.